BAD AROLSEN. An der Sensation geschnuppert: Statt der unglücklichen 3,5:4,5 Niederlage hätte gut und gerne auch ein anderes Ergebnis für Arolsen stehen können. Das gegen den bis dahin souveränen Tabellenführer aus Bad Emstal/Wolfhagen mehr drin war, lag nicht zuletzt daran, dass die Arolser nahezu in Bestbesetzung antraten. So stand am Spitzenbrett zum ersten Mal in dieser Saison Paul Schäfer zur Verfügung. Ganz anders bei den Gästen: Denn Ex-Weltmeister Wladimir Kramnik blieb zur Enttäuschung der Residenzstädter auch dieses Mal zu Hause.
Trotzdem waren die Bad Emstaler gerade an den vorderen Brettern mit zwei Titelträgern weitaus stärker besetzt. Das Motto konnte für Arolsen daher nur lauten: Vorne mauern, hinten punkten. Ein Plan der erstaunliche Früchte tragen sollte. Auch als ein chancenlos agierender Hermann Henze regelrecht vom Brett geschoben wurde, die Antwort der Gastgeber ließ nicht lange auf sich warten. Jürgen Wolf brachte seelenruhig Figur um Figur in Angriffsstellung, um schließlich zum finalen Mattangriff zu blasen. Paul Straschnej mühte sich zwar redlich, konnte aber nur tatenlos zusehen, wie seine Königsstellung völlig überrannt wurde – 1:1.
Auch Harald Block mühte sich redlich, schien aber in einem Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern nicht vorwärts zu kommen. Nach langen Abwägen nahm er schließlich das Remisangebot Anton Tadlers an. Wäre hier mehr drin gewesen? Eine Frage, die die Arolser noch lange beschäftigen sollte.
Zum Grübeln blieb vorerst hingegen keine Zeit. Martin Malinowskis König war nämlich dem Tod geweiht – es drohte Matt in einem Zug. Sollte er da nicht aufgeben? Keineswegs dachte sich Malinowski und ging – zum Erstaunen von Andriv Vachylya – zum Gegenangriff über. Mehrere Schachs und ein teuflisches Damenmanöver später war klar: Es war sein Gegner der im Mattnetz zappelte – Arolsen ging in Führung!
Die Freude währte leider nur kurz, da Bölke voller Übermut seinen König in gefährliches Fahrwasser geschifft hatte. Dort strandete er schließlich und wurde von Robert Oros gekonnt unter Beschuss genommen. Als Bölke in hochgradiger Zeitnot zudem die Qualität geben musste, war die Partie endgültig verloren. 2,5:2,5 – alles war noch drin.
Der Blick auf die drei verbliebenen Bretter ließ Hoffnung aufkommen, da zwei Partien für Arolsen klar besser schienen. Sollte man hier tatsächlich die Sensation schaffen und dem Tabellenführer den ersten Punktverlust zufügen? Wie so oft hatten sich die Mannen um Hermann Henze zu früh gefreut. Denn als Rudolf Beisinghoff seinen Gegner schon beinahe zur Aufgabe gezwungen hatte, begann er mit unerklärlichen Manövern seine Stellung zu ruinieren. Und so wurde innerhalb weniger Züge aus einer Gewinnstellung eine glatt verlorene. Entsetzen auf Arolser Seite, ungläubige Freude bei den Gästen.
Als kurz darauf auch Paul Schäfer am Spitzenbrett der großmeisterlichen Spielstärke von Yakov Nesterov Tribut zollen musste, war der Wettkampf entschieden. Für Gerd Brückmann ein Grund jetzt erst Recht weiterzuspielen. Und wie. Mit viel Ruhe und Präzision knetete er Hagen Rewalds Stellung so lange, bis dieser im Damenendspiel erst einen, dann noch einen zweiten Bauern geben musste. Der Rest war für Brückmann nur noch eine Frage der Technik. Ein schön herausgespieltes Trostpflaster, dass einmal die kämpferischen Qualitäten der Arolser unterstrich. Wehlheiden als nächster Gegner kann sich warm anziehen.
SV Anderssen Arolsen I |
– |
Sfr. Bad Emstal/Wolfhagen | 3,5:4,5 |
Schäfer |
– |
Nesterov | 0:1 |
Bölke |
– |
Oros | 0:1 |
Henze |
– |
Tiba | 0:1 |
Brückmann |
– |
Rewald | 1:0 |
Malinowski |
– |
Vachylya | 1:0 |
Wolf |
– |
Straschnej | 1:0 |
Beisinghoff |
– |
Haan | 0:1 |
Block |
– |
Tadler | 0,5:0,5 |